Diamonds…

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…are ja bekanntlich a girl´s best friends. Diese Erkenntnis Marilyn Monroes ist sicher in vielen Fällen zutreffend, muss aber nicht immer richtig sein. Manchmal kann sich Geschmeide auch als eher hinderlich erweisen.

In meinen jungen Richterjahren hatte ich eine Zeit lang Mietsachen zu bearbeiten, darunter auch immer wieder Räumungsklagen, wenn das Mietverhältnis wegen ausgebliebener Mietzahlungen gekündigt worden, der Mieter aber gleichwohl nicht ausgezogen war. Eines Tages dann wieder so ein Verfahren: auf Mieterseite ein mittelaltes Ehepaar, die Mietrückstände waren beträchtlich. Die Eheleute erschienen mit ihrem Anwalt im Termin und bestätigten die offenen Mietzahlungen. Und dann hoben sie, die richterliche Tränendrüse fest im Blick, mit einer bei Adam und Eva beginnenden Rührgeschichte an über ihr missliches Geschick.

Immer wiederkehrende Nackenschläge des Lebens hätten alle ihre Möglichkeiten erschöpft und sämtliche Rücklagen aufgezehrt, man wisse nicht mehr ein noch aus, wo solle man denn hin, wenn jetzt auch noch die Wohnung verloren gehe, usw., usw. … Insbesondere die Ehefrau verlieh ihren Ausführungen durch ausufernde Gesten zusätzliches Gewicht – was sie besser nicht getan hätte, denn dabei war das Rasseln ihrer zahlreichen Armreifen nicht zu überhören. Derart aufmerksam geworden, fielen dem Betrachter – also auch mir – die zahlreichen weiteren Schmuckstücke auf, die buchstäblich von Kopf bis Fuß über die Ärmste verteilt waren und selbst beim „in Sachen Schmuck“ ungeübten Laien – also auch wieder mir – den Eindruck der Echtheit hervorrufen mussten.

Zwischen Geplapper und Geklapper

Um die Leidensgeschichte nicht ausufern zu lassen (schließlich standen nachfolgende Sitzungstermine an, deren Beteiligte teilweise schon eingetreten waren), meinte ich dann irgendwann in das Geplapper und Geklapper hinein, dass es mir beim Blick auf die Handgelenke doch schwerfalle, der traurigen Geschichte uneingeschränkt… „Glauben zu schenken“, wollte ich fortfahren. Jedoch wurde ich durch ein energisches „Halt, Herr Vorsitzender! Ich lehne Sie wegen Befangenheit ab!“ seitens des bis dahin schweigsamen Anwalts der Eheleute unterbrochen.

Nun unterbricht so ein Befangenheitsgesuch die Sitzung erst einmal sofort, wie das berühmte „time out“ beim Sport. Das Procedere sieht dann vor, dass der Befangenheitsantrag nochmals schriftlich fixiert und begründet werden muss, woraufhin der Richter sich in sein stilles Kämmerlein zurückzieht und eine dienstliche Äußerung zu Papier bringt. Darin gibt er auch an, ob er sich selbst für befangen hält oder nicht. Sodann entscheidet ein vom Geschäftsverteilungsplan dafür vorgesehener Richter über die Begründetheit des Befangenheitsgesuchs.

Erst befangen, dann gegangen

Man kann sich vorstellen, dass das Ganze einige Zeit dauert, gerade wenn zunächst wie hier von zwei Seiten ein Vorgang auch in seiner ganzen Entwicklung dargestellt werden muss. Ich ging also mit dem schriftlichen Antrag in mein Dienstzimmer, schrieb meine ausführliche Stellungnahme und erklärte schließlich, dass ich mich nicht für befangen halte. Gerade war ich fertig und wollte die Akte zur Weiterleitung auf die Geschäftsstelle bringen, da klopfte es an meiner Tür – der besagte Anwalt, es täte ihm leid, er ziehe das Befangenheitsgesuch zurück, man habe die Zeit genutzt, um mit der Gegenseite einen Vergleich auszuhandeln, der könne nun zu Protokoll gebracht werden…

So geschah es dann auch: Die Mieter verpflichteten sich zur Zahlung der Mietrückstände innerhalb einer bestimmten Frist und zur Räumung für den Fall, dass nicht gezahlt würde; der Vermieter verzichtete für den Fall der pünktlichen Zahlung auf seine Rechte aus der Kündigung.

Merke Über seine Armut flunkern – soll man nicht mit dicken Klunkern

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