
Der Soziologe Hartmut Rosa formuliert in einem Interview in der taz, wofür vielen von uns derzeit die Worte fehlen. „Die Umwege fehlen jetzt“. Corona hat das Hamsterrad des Lebens gebremst, trotzdem sind wir rastloser. Hartmut Rosa sagt, warum die Krise die jungen Leute besonders trifft. SAHNEWORTE-Prädikat: sehr lesens- und nachdenkenswert!
Hier kommt ein Auszug aus dem Interview:
„Durch das Gehen von Umwegen und völlig zufällig entsteht da das Neue. Und genau diese Art von Leben ist jetzt still gestellt, und ich glaube, dass es für diese jungen Leute, für Studierende und auch die Gesellschaft als Ganzes eine ziemliche Katastrophe ist, Unis einfach stillzulegen und anzuhalten und zu sagen, man kann doch über das Internet genauso gut lernen. Lernen können sie schon, Stoff aufnehmen. Aber genau dieser Prozess des kreativen Anverwandelns, aus dem Neues hervorgeht, ist angehalten. Das betrifft nicht nur Universitätsstädte, sondern überhaupt diese Art von kreativen Begegnungen. Deshalb können neue Praktiken derzeit nicht entstehen, jedenfalls die kreativen, die aus intellektueller Interaktion hervorgehen, und deshalb fällt uns intellektuell nicht allzu viel ein. (…) Die jungen Leute sind die größten Verlierer, die Opfer der aktuellen Coronapolitik. Wenn man einen Job hat, eine Familie, ein Häuschen, eine feste Verortung, dann ist es nicht so schlimm, wenn physische Kontakte und Interaktionen für ein Jahr still gestellt sind. Schlimm genug, aber nicht total schlimm. In der Phase, in der Leute mit dem Abi fertig sind und anfangen zu studieren, ist das anders. Die müssten sich jetzt in der Welt verorten – physisch, sozial und kulturell. Bin ich jetzt in Jena zu Hause oder noch bei meinen Eltern? Bin ich in der Hochkultur zu Hause oder auf dem Fußballplatz? Dieser Prozess ist momentan vollständig angehalten. Wie sollen die jungen Leute das machen? Und der Preis, psychisch und sozial, wird wirklich total unterschätzt.“
Hier geht es zum kompletten Interview.
