Knöllchen deluxe

Der Parkwächter von Lucca? Die Figur auf dem Dach der Kathedrale in Lucca hat auf jeden Fall den Überblick. Quelle: pixabay

Ich liebe Italien. Dort ist es (fast überall) schön, (fast immer) angenehm warm, die Menschen sind (eigentlich immer) freundlich, und es gibt (immer!) lecker zu essen und zu trinken. Bei so viel Luxus wollen natürlich auch die italienischen Ordnungshüter nicht zurückstehen und sich angemessen bezahlen lassen, wenn sie einen bösen Verkehrsrowdy dingfest machen.

November 2013 in Lucca. Hochzeitsreise. Kaum Touristen, bedeckter Himmel, überhaupt wenig los. Wir, meine frisch Anvermählte und ich, legten den Parkschein brav hinter die Windschutzscheibe unseres Miet-Smart und marschierten los. Da Lucca eine wirklich wunderschöne Stadt ist, haben wir uns mitreißen lassen und – zugegebenermaßen – die Parkzeit a) vergessen und b) nicht ganz unerheblich überschritten. Den Parkplatz verließen wir dann über eine Einbahnstraße, die kurz darauf in die wohl den Einwohnern vorbehaltene begrenzte Innenstadtzone hineinführte. Da ich die Einbahnstraße nicht entgegen der Fahrtrichtung zurückfahren konnte, fuhr ich halt weiter, um irgendwie aus dem Altstadtbereich herauszukommen.

Im Januar 2015 erhielt ich zwei Einschreiben von der Polizia Municipale in Lucca: „Vorhaltungsprotokolle“, in wirklich tadellosem Deutsch abgefasst. Für Missetat 1 (Überziehen der Parkzeit) sollten 62,87 €, für Vergehen 2 (Einfahrt in die Sperrzone) gar 101,37 € gezahlt werden, jeweils innerhalb von 5 Tagen. Bei Zahlung binnen 60 Tagen erhöhten sich die Beträge auf 70,37 € bzw. 125,37 €, danach sollten es dann 95,37 € bzw. 205,37 € sein, entgegenkommenderweise inklusive aller Verfahrenskosten und Bearbeitungsgebühren.

Verkehrsdelikte à la Napoleone

Es gab auch jeweils eine Belehrung über die Einspruchsmöglichkeiten: Entweder per Einschreiben in Italienisch an den Präfekten von Lucca (Piazza Napoleone!), und wenn dieser den Einspruch als „nicht ausreichend“ ansieht, Erhöhung der Beträge „auf nicht weniger als das Doppelte“; oder direkt beim Friedensrichter in Lucca, der eine „Verhandlung mit Anwesenheitspflicht“ anberaumen wird.

Ich schrieb in meiner Not eine E-Mail an die in den Bescheiden ebenfalls angegebene Kontaktadresse und teilte wahrheitsgemäß mit, dass ich infolge Zeitablaufs von mehr als einem Jahr keine genaue Erinnerung mehr an die Vorgänge hätte und ich nur unter Zuhilfenahme von Google-Maps den Versuch einer Äußerung unternehmen könne. Die Überschreitung der Parkzeit erklärte ich mit den für uns überraschenden Schönheiten der Stadt Lucca; eine Veranlassung, in den begrenzten Innenstadtbereich zu fahren, hätten wir nicht gehabt, aus meiner Sicht sei mir wegen der Einbahnstraßenregelung keine andere Wahl geblieben. Ich schloss mit der Bitte, die Bußgelder, auch im Hinblick auf den Zeitablauf, zu erlassen oder wenigstens „honeymoonfreundlich“ zu reduzieren.

Doppelte Buße

Sehr freundlich, mit cordiali saluti, wurde mir zurückgemailt, dass man leider nichts ändern könne. Im Übrigen könne ich den Einspruch auch bei der Präfektur von Rom einlegen; aber Vorsicht beim Einspruch, da bei Ablehnung „der Betrag des Bußgeldes verdoppelt wird.“

Für die Überziehung der Parkzeit hätte ich ja ein angemessenes Bußgeld bezahlt, aber offenkundig bestand keine Möglichkeit, mit der Polizia eine entsprechende Regelung zu vereinbaren. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass italienische Behörden zur damaligen Zeit – noch – keine Möglichkeit hatten, in Deutschland zu vollstrecken, entschloss ich mich halt, nicht zu zahlen.

Vollstreckung auf italienisch

Nachdem ich in der Folgezeit noch einige Mahnschreiben aus Italien erhalten hatte (die letzten hießen „Steuerlicher Zahlungsbefehl“ und drohten eine „Zwangsprozedur“ an), nahm sich ein deutsches Inkassounternehmen im Sommer 2016 der Angelegenheit an: 518,06 € seien zu zahlen, zuzüglich 124 € Inkassogebühren.

Als ich nach dem dritten Inkassoschreiben innerhalb von drei Monaten mitteilte, dass ich bei weiteren unzulässigen Vollstreckungsbemühungen einen Anwalt beauftragen würde, kehrte Ruhe ein, die – jedenfalls bis heute – andauert.

Wenn ich in der Folgezeit in Italien war, habe ich mich immer bemüht, nicht unangenehm aufzufallen, damit nicht irgendein Computer mich als sattsam bekannten Tunichtgut ausspuckt. Obwohl, mich hätte ja schon gereizt zu erfahren, was sich hinter der angekündigten „Zwangsprozedur“ verbirgt…

Merke: Teuer ist es in Italien – Knöllchen nicht gleich zu bezahlien.

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