„Irren ist menschlich.“
Zugegeben, ich bin ein Fan von Manfred Lütz. Das, was manche Kritiker ihm vorwerfen, nämlich ZU unterhaltsam über SO ernste Themen zu schreiben, gefällt mir gerade besonders gut. „Eine heitere Seelenkunde“ übertitelt Lütz beispielsweise seinen Bestseller „Irre! Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen“ (2009). Und auch die Neuauflage „Neue Irre!“ von 2020 (mit einem Donald Trump-Update) ist nicht weniger heiter. Der Trump-Zusatz mag den Eindruck vermitteln, dass es sich bei dem unterhaltsamen Fachbuch um Satire handelt. Bei Lütz durchaus zu erwarten, schließlich ist er nicht nur anerkannter Psychiater, sondern auch ein beliebter Kabarettist. Aber der primäre Ansatz von Lütz ist und bleibt Aufklärung („wichtig und nötig!“). Seine Bücher seien gleichermaßen lesenswert für die Fachwelt wie für seinen Metzger, sagt der Autor.
„Wenn man einmal verstanden hat, wie (…) manch ein skurriler Sonderling so geworden ist, wie er ist, bietet sich ein anderes Bild.“
Denn psychiatrische Krankheiten wie Depressionen, Schizophrenie, Süchte, Ängste, Zwänge oder Demenzen sind keine gesellschaftlichen Randerscheinungen. Im Gegenteil. Aber das Reden (oder Schreiben) über psychische Krankheiten ist in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft immer noch alles andere als „normal“. Warum also nicht ein aufklärendes Fachbuch schreiben, das unterhaltsam ist – und deshalb überhaupt erst gelesen (und verstanden!) wird? Kryptische, inkommensurable (Goethe sei Dank für dieses Wort…) Abhandlungen aus der Abteilung Elfenbeinturm gibt es schließlich genug. Nicht zuletzt entspricht Lütz‘ „heitere Seelenkunde“ dem neuesten Stand der Forschung.
Tipp: Wem „Irre!“ (oder „Neue Irre!“) gefällt, der wird bestimmt auch mit „LebenLust“ wider die Diät-Sadisten „unvermeidlich glücklich“.
Der Autor: Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe. Geboren 1954 in Bonn, studierte er Medizin, Philosophie und katholische Theologie in Bonn und Rom. Von 1997 bis 2019 war er Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses in Köln. 2003 gründete er das Alexianer-Therapie-Forum mit renommieren internationalen Referenten, das er weiterhin organisiert. Bekannt wurde Lütz als Autor zahlreicher Bestseller. Er ist gerngesehener Gast von Talkshows und nimmt in Kolumnen und Artikeln immer wieder zu aktuellen Themen Stellung. Außerdem ist er ein gefragter Vortragsredner und tritt mitunter auch im Kabarett auf.
Manfred Lütz über sein Buch „Neue Irre!“ (aus dem Vorwort): »Die Normalisierung des allgemeinen Wahnsinns kann Angst machen. Überall laufen immer mehr Irre herum, Massenmörder, Kriegshetzer, Lügner, Betrüger, rücksichtslose Egomanen, aber das Dilemma bleibt: All diese Typen kann man leider nicht behandeln, denn sie sind normal, jedenfalls nicht krank, und gerade deswegen brandgefährlich. (…) Angesichts der Tatsache, dass ein Drittel der Deutschen irgendwann im Leben psychisch erkrankt und die zwei Drittel anderer Deutschen Angehörige haben, die psychisch krank sind, ist es nach wie vor eine Schande, dass bei vielen Menschen immer noch mittelalterliche Vorstellungen über psychische Krankheiten herrschen. Die meisten psychischen Erkrankungen sind heilbar. Aber wer weiß das schon?! Und weil die meisten das nicht wissen, schleppen sich viele Menschen monate- und jahrelang mit Depressionen und anderen schwer belastenden Erkrankungen herum, obwohl man da wirklich etwas tun könnte. Auch deswegen ist Aufklärung so wichtig…«
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