
„Das eine, das schwachmütige und sentimentale, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist, sich möglichst schnell freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes Mitleid, das gar nicht Mit-leiden ist, sondern nur instinktive Abwehr des fremden Leidens von der eigenen Seele. Und das andere, das einzig zählt – das unsentimentale, aber schöpferische Mitleid, das weiß, was es will, und entschlossen ist, geduldig und mitduldend alles durchzustehen bis zum Letzten seiner Kraft und noch über dies Letzte hinaus.”
„Immer sind die Instinkte wissender als unsere wachen Gedanken.“
Stefan Zweig erzählt vor dem Hintergrund einer Rahmenhandlung, die in großer Klarsicht die kommende Katastrophe des Zweiten Weltkriegs ankündigt, die Geschichte des österreichischen Offiziers Anton Hofmiller am Vorabend des ersten Weltkriegs. Die Ungeduld seines Herzens, die in einer schlimmen persönlichen Tragödie endet, führt ihn zum bedenkenlosen Einsatz seines Lebens an der Front, der ihm als Mut ausgelegt wird und ihn zum berühmten Kriegshelden macht.
Zweig lässt Hofmiller die Ereignisse aus seiner Sicht erzählen. Dieser geht dabei hart mit sich ins Gericht. Wir erleben seine Entwicklung vom leichtsinnigen, bedenkenlosen Offiziersanwärter zum tragischen „Helden“ aus großer Nähe mit, und während Hofmillers Verhalten lange Zeit von falschem Mitleid bestimmt wird – eben der „Ungeduld des Herzens“ -, können wir durch Zweigs packende Darstellung ein echtes, „mitduldendes“ Mitleid mit den Protagonisten des Romans empfinden.
„Ich wusste: nur einem Menschen, nur ihr, die mich liebte, war ich von nun ab mit meinem ganzen Leben verpflichtet.“
Stefan Zweig hat – dies mag bei seinem umfangreichen Werk überraschen – zu Lebzeiten lediglich einen Roman veröffentlicht. 1939, als er sich bereits seit Jahren im Exil befand, erschien unser heutiges Lieblingsbuch „Ungeduld der Herzens“, natürlich nicht in Deutschland, wo seine Bücher schon 1933 verbrannt wurden.
Wie in all seinen Werken ist es Zweigs Meisterschaft in der Durchdringung menschlichen Verhaltens und seiner Beweggründe, die neben seiner sprachlichen Brillanz die Lektüre zu einem literarischen Erlebnis macht. (Manfred Schmitz-Berg und Renja Lüer)