
„Das Reflektieren und Loslassen meiner eigenen Vergangenheit wich ganz allmählich einer immer öfter wiederkehrenden Freude am Leben. Wenn wir gehen, stehen wir wieder auf und kommen in die Gegenwart. Wir selbst tun es, die Natur hilft uns dabei.“ (Luca Lauga)
In diesem sehr persönlichen Buch schildert Luca Lauga, wie der schwere Unfall einer ihrer Söhne sie in eine tiefe Krise stürzt. Unterwegs in der wilden Landschaft Patagoniens kann sie das Geschehene allmählich verarbeiten und findet langsam wieder zu sich selbst. Ihre klaren und unverschnörkelten Sätze treffen uns direkt, sie berühren und regen zum Mitfühlen und Nachdenken an – und fesseln uns trotz (oder wegen) ihrer ruhigen, beinahe meditativen Tonalität. Ob sie von ihren langen Krankenhausnächten am Bett ihres Sohnes erzählt oder von ihren Gedanken und Begegnungen auf ihren langen Wanderungen – Luca Lauga lässt uns Lesende unmittelbar teilhaben an ihren (inneren wie äußeren) Erlebnissen. So nimmt uns die Autorin mit in die patagonische Steppe, auf eine Bootsreise über den Nahuel-Huapi-See, zu schneebedeckten Vulkanfeldern oder zu entlegenen Berghütten.
Sehr bildhaft erzählt sie von Riesenwellen, Vulkanausbrüchen und Erdbeben, vom Überleben, vom Weiterleben und Aushalten. Von alltäglichen Dingen und von großen und kleinen Wundern. Genau wie in den Nächten im Krankenhaus an der Seite ihres Sohnes fühlt sie auch auf ihren Wanderungen tief in diese Situationen hinein. Am Ende werden ihr die sinnlichen wie sinnhaften Naturerlebnisse dabei helfen, aus der schweren Lebenskrise herauszufinden und die Lebensfreude wiederzufinden.
Hier folgen einige Auszüge, die hoffentlich dazu anregen, das wunderbar geschriebene und bebilderte sowie liebevoll vom Aurum Verlag gestaltete Buch selbst in den Händen halten zu wollen:
Zwischen Hier und Drüben
Er befand sich in einem künstlichen Koma und schwebte zwischen den Welten, zwischen dem Hier und dem Drüben. Er war an einem anderen Ort. (…) „Wo ist Matthias‘ Seele jetzt?“ (…) Ich fing an, für ihn zu singen.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 27
Willkommen im Exil
Manchmal fuhren wir zusammen mit dem Bus oder der Untergrundbahn zu einer Ausstellung oder in ein Café. Immer bezahlte sie mein Ticket für die Fahrt durch die Stadt. Ich hatte keine Chance, selbst zu bezahlen. „Das haben wir immer so gemacht mit denen, die neu waren. Willkommen im Exil“, sagte sie und lächelte mich an, und ich fragte mich, wie sie überlebt hatte.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 119
Meditieren Schritt für Schritt
Ich ging und ging, ohne Ziel und mit Ziel, und manchmal suchte ich einfach nur einen Grund, um zu gehen. Nur um in Bewegung zu bleiben. Um gerade nicht nachdenken zu müssen.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 159
Landschaft als Spiegel der Seele
In Deutschland bin ich immer sehr ernst, hier aber fühle ich mich leichter und sanfter, und es kann gut sein, dass ich hier zu einem viel freundlicheren Menschen werde.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 167
Leben am Abgrund
Ich ging den Küstenweg weiter, und mir wurde klar, dass für den, der weiterleben will, der Abgrund nicht gefährlich ist.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 155
Die Erde ist so
Die Erde bebte. Ich spürte es am ganzen Körper, und in meiner Kaffeetasse, die vor mir auf dem Tisch stand, waren kleine Wellen zu sehen. (…) Mir wurde klar, dass ich nie festen Boden unter meinen Füßen haben würde. Die Erde ist so.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 184
Draußen und Drinnen
Und was, wenn es umwerfend schön sein wird? Sind wir darauf vorbereitet? Plötzlich, nach einem langen Aufstieg? Und spätestens dann wird es auf einmal ganz still. So finde ich manchmal das, wofür ich aufgebrochen bin. Das „da draußen“ ist gleichzeitig das „da drinnen“. Es ist ein Geschenk.
Die Stille kommt beim Gehen. S. 200
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